Zu wenige Betreuungsplätze für junge Pflegebedürftige
Berlin, 9. November 2017 – In Deutschland fehlen bundesweit tausende Betreuungsplätze für junge Pflegebedürftige. Das geht aus dem Pflegereport der BARMER hervor, der heute in Berlin vorgestellt wurde. Demnach gibt es laut einer repräsentativen BARMER-Umfrage bei Pflegebedürftigen unter 60 Jahren, beginnend mit dem frühen Kindesalter, etwa 4.000 teilstationäre und rund 3.400 Kurzzeitpflegeplätze zu wenig. Zudem können junge Pflegebedürftige häufig nicht so wohnen, wie sie es bevorzugen, weil die entsprechenden Angebote fehlen.
Diese Tatsache ist unter Betroffenen schon lange Thema und bekannt – gut, das nun endlich Zahlen vorliegen – jetzt ist die Politik gefordert, klare Rahmen vorzugeben – klar, eindeutig und nicht auf“Freiwilligkeit berufend“, sondern am BEDARF DER BETROFFENEN ! Ihr Team ADP
„Für junge Pflegebedürftige geht das Angebot an geeigneten Pflegeplätzen an deren Bedürfnissen vorbei, Wunsch und Wirklichkeit klaffen häufig auseinander. Die Situation der jungen Pflegebedürften muss dringend verbessert werden, und zwar kurzfristig. Hier sind Politik, Pflegekassen und Leistungserbringer gleichermaßen gefragt“, forderte Prof. Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER.
Junge Pflegebedürftige haben andere Wünsche als ältere
Laut dem BARMER-Pflegereport gab es im Jahr 2015 insgesamt 386.000 Pflegebedürftige unter 60 Jahren. Das entspricht 13,5 Prozent der 2,86 Millionen Pflegebedürftigen mit den Pflegestufen I bis III. Sie unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von älteren Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind.
Während der weitaus größere Teil aller Pflegebedürftigen weiblich ist, verhält es sich bei den jüngeren genau entgegengesetzt. So gab es unter ihnen im Jahr 2015 „nur“ 175.000 weibliche, aber 211.000 männliche Pflegebedürftige. Insgesamt haben die jüngeren Betroffenen andere Krankheitsbilder und leiden eher selten an Demenz oder den Folgen von Schlaganfällen.
Nach der Analyse des Reports haben 35 Prozent Lähmungen, 32 Prozent Intelligenzminderungen, 24 Prozent eine Epilepsie und zehn Prozent das Down-Syndrom. „Junge Pflegebedürftige haben ganz andere Bedarfe als ältere. Dem müssen Pflegeeinrichtungen künftig verstärkt Rechnung tragen“, sagte der Autor des BARMER-Pflegereports, Prof. Dr. Heinz Rothgang von der Universität Bremen.
Zu wenig geeignete Plätze für pflegebedürftige Kinder und Jugendliche
Gerade für pflegebedürftige Kinder und junge Erwachsene bleibt der Wunsch nach einem selbststimmten Wohnen häufig unerfüllt. Wie die eigens durchgeführte Umfrage von mehr als 1.700 Versicherten ergeben hat, würden gerne 35 Prozent der Zehn- bis 29-Jährigen in eine Wohngruppe ziehen. Jedoch hat etwa jeder zweite Pflegebedürftige in dieser Altersklasse angegeben, dass sich sein Wechsel in eine Wohngruppe, aber auch in ein Pflege- oder Behindertenheim, deswegen zerschlagen hat, weil kein Platz in der Einrichtung vorhanden war.
„Die unerfüllten Wünsche nach einem selbstbestimmten Wohnen vieler junger Pflegebedürftiger müssen für Politik, Bauwirtschaft und Interessensverbände ein Ansporn sein, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Erforderlich sind mehr ihrem Alter angepasste Wohnplätze für Kinder, Jugendliche und sehr junge Erwachsene“, sagte Straub.
Wunsch nach Kurzzeitpflege gut doppelt so hoch wie derzeit machbar
Vor allem bei der Kurzzeitpflege gibt es massive Versorgungslücken. So nutzen derzeit neun Prozent der jungen Pflegebedürftigen mindestens einmal im Jahr die Kurzzeitpflege. Tatsächlich aber würden gerne 19 Prozent auf dieses Angebot zugreifen. Damit ist der Wunsch nach Kurzzeitpflege um mehr als 100 Prozent höher, als er tatsächlich realisierbar ist.
Defizite gibt es auch bei der Tagespflege, die lediglich 13 Prozent in Anspruch nehmen, wobei 20 Prozent den Wunsch danach hegen. Als wesentlichen Grund, warum die teilstationäre Pflege und die Kurzzeitpflege nicht wie gewünscht genutzt werden, gaben 43 beziehungsweise 40 Prozent der Betroffenen den Mangel an entsprechenden Angeboten für die jeweilige Altersgruppe an. Für 31 beziehungsweise 27 Prozent der betroffenen Befragten waren keine Angebote für die eigene Erkrankung vorhanden. „Die ergänzenden Pflegeleistungen, die die häusliche Pflege stärken sollen, würden insgesamt mehr genutzt werden, wenn die alters- und erkrankungsspezifischen Angebote gegeben wären“, sagte Rothgang.
Hier der komplette GEK Barmer – Pflegereport 2017 in PDF-Version